Presseerklärung: Schutzgemeinschaft Filder stellt Forderungen an den Filderdialog

Am 15.05. hat Steffen Siegel als Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder e.V. folgende Presseerklärung veröffentlicht.

Die Sorgen der SG Filder, dass sie im Rahmen des Filderdialogs nur als Alibi eingesetzt wird, um dem Dialog den Anschein von Mitbestimmung und Demokratie zu geben, wird nicht kleiner angesichts des permanenten Beschusses durch S-21-Befürworter wie Schuster, Bopp, Wolf, Dietrich, Drexler oder Hauk.
„Jegliche Äußerungen zum Thema Offenheit des Dialogs, jegliche Überlegungen von Alternativen wie letztens die von Minister Winfried Hermann angedachte Lösung, bei der die Gäubahnführung auf der Bestandstrasse erhalten bleiben soll, führen reflexartig zu Angriffen“, kommentiert die SG Filder.

Die Schutzgemeinschaft Filder will deshalb Klarheit beim Filderdialog, bevor die offiziellen Dialogtage beginnen und stellt die folgenden Forderungen auf:

Forderungen:

  1. Vor Eintritt in den Filderdialog muss eindeutig geklärt sein, ob die Führung der Gäubahn über die Bestandsstrecke in den Hauptbahnhof als ernsthafte Diskussionsgrundlage akzeptiert wird oder ob die umsteigefreie Direktanbindung des Flughafens zu den „unverrückbaren“ Prämissen zählt. Bereits im Geisslerschen Schlichterspruch wurde diese Gäubahnführung gefordert („die Gäubahn … bleibt…leistungsfähig… erhalten“) Der Schlichterspruch wurde damals von Bahn und Politik voll akzeptiert und sogar werbewirksam im Landtagswahlkampf eingesetzt.
  2. Rechtzeitig vor Eintritt in den Filderdialog hat die Bahn die Pläne und Gutachten für ihre geplante, favorisierte Trasse (Antragstrasse) im Abschnitt 1.3 der Öffentlichkeit darzulegen. Angeblich liegen die Unterlagen vollständig zum Einreichen für das Planfeststellungsverfahren beim Eisenbahnbundesamt bereit.
  3. Rechtzeitig vor Beginn des Dialogverfahrens legt die Bahn insbesondere die Gutachten offen, in denen die zugrunde gelegten aktuellen Zugzahlen und Fahrgastströme auf den Fildern dargestellt sind.
  4. Die Bahn stellt im Dialogverfahren nur die von ihr favorisierte Variante vor und nicht wie in der Presse zu lesen war, 4 bis 5 verschiedene Varianten. Schließlich soll es ein offener Bürgerdialog werden und kein von der Bahn dominiertes Verfahren.
  5. Der Bahn steht im Dialogverfahren für die Präsentation ihrer favorisierten Trasse die gleiche Zeitspanne zur Verfügung, wie jeder anderen Gruppe auch, die eine Alternative zu den Bahnplänen darstellen möchte.
  6. Der Flughafen legt rechtzeitig vor dem Dialogverfahren die Untersuchung offen, in der belegt wird, dass der Flughafen durch Stuttgart 21 etwa 1,5 Millionen mehr Flugpassagiere im Jahr erwarten kann. Dies formulierte der Flughafenchef Prof. Fundel mehrfach öffentlich.
  7. Nach Abschluss des Dialogs sollen nicht nur die Projektbetreiber öffentlich ein Resümee ziehen dürfen, – es muss auch den anderen beteiligten Gruppen ermöglicht werden, ihr eigenes Schlussresümee zu ziehen.
  8. Für alle Beteiligten müssen vergleichbare Arbeitsbedingungen angestrebt werden. Eine Gruppierung, wie etwa eine Bürgerinitiative, kann nicht annähernd die Ressourcen aufbieten, wie es Institutionen wie Ministerien, Regionalversammlung oder Deutsche Bahn im Bereich Öffentlichkeitsarbeit können. Bürgerinitiativen stehen keine hauptamtlichen Mitarbeiter und schon gar nicht deren Geldmittel zur Verfügung. Deshalb muss den nicht staatlich unterstützten Gruppen zwingend wenigstens soviel Geld zur Verfügung gestellt werden, dass auch sie Fachleute heranziehen können und Gutachten erstellen lassen können.
  9. Solange der Filderdialog nicht abgeschlossen ist, darf es keinerlei Bautätigkeiten, auch keine Vorbereitungen dazu im Abschnitt 1.2 (Filderaufstiegstunnel) geben.
    Begründung: Bei einer Variante – z.B., bei der die Gäubahn auf einer Extratrasse entlang der Autobahn geführt wird –, könnte eine Einschleifung auf die Schnellbahntrasse am oberen Tunnelmund des Aufstiegstunnels eine ganz neue Planung erfordern.

Schlussbemerkung:
Die meisten dieser Forderungen wurden schon mehrmals mündlich erhoben und finden sich teilweise auch in den Protokollen der Spurgruppensitzungen. Der Filderdialog kann nicht darin bestehen, Forderungen lediglich festzuhalten. Er ist angelegt auf Transparenz und mindestens von Seiten der Vorhabensträgerin DB sollte man erwarten, dass sie in Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens im Abschnitt 1.3 eher auf vertrauensbildende Maßnahmen setzt als auf Verdrängen.
PS:
In einem Offenen Brief in der vergangenen Woche (8.Mai) hatte die Schutzgemeinschaft Filder der DB bereits die Forderungen 1. und 2. gestellt und erhielt folgendes zur Antwort: die DB antworte grundsätzlich nicht auf Offene Briefe und außerdem sei die Spurgruppe der Ort, wo solches angesprochen werden müsse. Jedoch: Die zwei Forderungen der SG Filder wurden ergebnislos bereits in den vergangenen Spurgruppensitzungen von uns erhoben. Die Spurgruppe tagt leider nichtöffentlich!!

Offener Brief an E. Fricke

Offener Brief von Steffen Siegel (Schutzgemeinschaft Filder e.V.)

Neuhausen, den 8.5.12

Sehr geehrter Herr Fricke,

die Schutzgemeinschaft Filder wendet sich an Sie mit zwei schon mehrfach geäußerten Forderungen:

  1. Noch vor dem Beginn des Filderdialogs am 25. Mai 2012 fordern wir Sie auf, die Pläne der von der Bahn favorisierten „Antragstrasse“ für den Filderabschnitt 1.3 öffentlich allen Bürgern darzulegen.
    Sie haben uns schon mehrfach zugesagt, dieses rechtzeitig zu tun, bevor die Bahn in das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren (PFV) für den Filderabschnitt 1.3 einsteigt; (z.B. versprachen Sie das am 4. März 2011 bei der Podiumsdiskussion in Echterdingen mit Ihnen und Winfried Hermann).
    Zur Historie:
    Seit 2002 hat die Bahn in verschiedenen Anläufen versucht, ein PFV für den Abschnitt 1.3 einzuleiten. Immer wieder hat das Eisenbahnbundesamt dies abgelehnt, mit der Begründung, dass „die Planung in der vorgelegten Form nicht genehmigungsfähig ist“. Jetzt, nach über zehn Jahren Planungsversagen der Bahn geht man in einen Dialog mit den Bürgern, verweigert aber, die Pläne vorher offenzulegen. Wenn wir Bürger mit Ihnen „auf Augenhöhe“ diskutieren sollen, dann ist es zwingend, dass wir über die Pläne der Bahn im Detail Kenntnis bekommen – auch darüber, warum Sie mit diesen Plänen bis heute noch kein PFV eröffnen konnten.
    Sie haben uns im März 2011 gesagt, dass die Bahn das PFV im Sommer 2011 einleiten wolle; dann hieß es Herbst, dann dieses Frühjahr und schließlich hieß es, das PFV erfolge direkt im Anschluss an das Dialogverfahren, was ja wohl nicht geht, wenn der Dialog nicht zur Farce werden soll. Schließlich könnten ja Varianten ins Spiel kommen, die zur Umsetzung Zeit brauchen.
    Sie haben bisher nur in nichtöffentlicher Sitzung ( beim Arbeitskreis S 21 der Gemeinde Leinfelden-Echterdingen) über die Pläne der DB in völlig unzureichender Weise referiert und Sie haben sich einer vor über einem Jahr vom Bezirksbeirat Vaihingen geforderten Informationsveranstaltung schlicht mit dem Hinweis auf den Filderdialog entzogen. Jedoch: Der zeitlich knapp bemessenen Filderdialog ist wirklich nicht dazu da, dass Sie einen großen Teil der Zeit für die ausführliche Darlegung Ihrer Pläne in Anspruch nehmen. Das muss vorher geschehen! Wir Bürger brauchen die Zeit der drei geplanten Sitzungen für die Diskussion neuer Ideen. Wie soll sonst eine offene Bürgerbeteiligung funktionieren?
    Wenn es stimmt, dass die Deutsche Bahn ihre Planunterlagen längst fertig hat, dann stellen Sie diese detailliert vor und zwar rechtzeitig vor dem 25.Mai.
  2. Noch vor Beginn des Filderdialogs müssen wir zwingend Klarheit darüber haben, ob die von uns favorisierte Variante, nämlich die Führung der Gäubahn auf der bestehenden Strecke von Vaihingen direkt hinunter zum Stuttgarter Hauptbahnhof (die sogenannte Panoramastrecke) als Ernst zu nehmende Variante eingebracht werden kann. Unsere Skepsis speist sich aus den Aussagen von OB Schuster und Regionalpräsident Bopp (Stuttgarter Zeitung, 26.4.12), dass die von uns favorisierte Variante „weder der Vertrags- noch der Rechtslage“ entspräche und sie widerspräche der Finanzierungsvereinbarung von Stuttgart 21 im Jahr 2009. In das gleiche Horn stieß der Leiter des S-21-Sprecherbüros Wolfgang Dietrich (Stuttgarter Nachrichten, 4.5.12), in dem er sagte, es sei fraglich, „ob die Bahn …die Grundlagen von Stuttgart 21 (durch den Erhalt der bestehenden Gäubahntrasse) infrage stellt“.
    Landtagspräsident Guido Wolf äußerte (Filder Extra, 2.5.12), die Gäubahn müsse über den Flughafen geführt werden, mit der Begründung, es könne nicht sein, „dass durch einen Filderdialog ein Volksentscheid aufgehoben werde“. Dies behauptet Wolf, obwohl jeder weiß, dass es beim Volksentscheid um den Finanzierungsanteil des Landes und nicht um Bau- und Verkehrspläne ging!
    Sie selbst sagten, man könne ja im Dialogverfahren „über alles reden“, aber die Bahn werde am Ende beurteilen, wie sie damit umgehe.
    Dies ist aus Sicht der Schutzgemeinschaft Filder völlig inakzeptabel. Bereits im Vorfeld muss zugesagt werden, dass die Einbringung von Alternativen – vorausgesetzt, sie bleiben im Rahmen des Kostendeckels – von den Projektpartnern nicht grundsätzlich infrage gestellt werden darf. Wenn nur diskutiert werden darf, was die Bahn „erlaubt“, degeneriert der Bürgerdialog zu einer Alibiveranstaltung!
    In diesem Zusammenhang gilt es eher zu überlegen, ob nicht die Finanzierungsvereinbarung aus dem Jahr 2009 infrage gestellt ist, nachdem zu diesem Zeitpunkt für einen entscheidenden Teil von S21, nämlich der Filderabschnitt, noch keine belastbaren Planungen vorlagen (und bis heute nicht vorliegen). Dazu hin wurde in den Finanzierungsvereinbarungen von 2009 noch davon ausgegangen, dass S 21 nur 3,1 Milliarden Euro kosten und bis 2019 fertig gestellt sein würde. Beides hat sich inzwischen als nicht haltbar und als Kniff der Projektpartner erwiesen.
    Sollte eine Variante wie der Erhalt der Gäubahn als unzulässiger Vorschlag disqualifiziert werden, würde der von Bahn und Politik voll akzeptierte Geisslersche Schlichterspruch missachtet. Geissler forderte darin den leistungsfähigen Erhalt der Gäubahn. Wäre die Umsetzung des Schlichterspruchs ein Rechtsbruch?Wir bitten Sie, möglichst rasch auf die oben aufgeführten beiden Punkte zu reagieren. Die Zeit bis zum Filderdialog drängt.

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Siegel